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Gewonnen und verloren wird zwischen den Ohren. Frank Wilde

Das Behindertsein schwerhöriger Menschen wird an den Ohren gemessen und beurteilt, manchmal ist es so, als ob wir nur mehr aus Ohren bestehen würden, weil demnach unser Menschsein eingestuft wird. In sozialer, medizinischer und technischer Hinsicht.

Wenn die Ohren funktionieren, dann sollte auch der Mensch funktionieren – meint man. Und wie oft schrillt uns aus der Werbung entgegen, dass mit diesen und jenen Geräten, das volle Leben wieder hergestellt wird.

Aber es ist doch so, dass zwischen diesen beiden – oftmals ramponierten und unvollständigen – Ohren sich unser Leben ereignet, oder auch nicht. Das heißt eigentlich, dass es darum geht, diese unsere Ohren in der optimalen Weise einzusetzen, auszuloten und ihnen jene Bestimmung zuzuordnen, die wir für ein sinnvolles Leben benötigen. Aber diese Entscheidung liegt an dem jeweiligen Menschen, dies ist nicht durch gute oder nicht so gute Ohren automatisch gegeben.

Wir sind also erst wirklich Mensch zwischen unseren Ohren, die uns zwar den Zugang zur Welt bedeuten, die uns Zubringer sind, aber es liegt an uns, den Nutzen zu beurteilen und das Aufgenommene – oft auch in seiner Unvollkommenheit – verwertbar zu machen.

Wer sich nur an seinen Ohren und seinem Gehör messen lässt, könnte leicht übersehen, dass die Wert des Lebens vielfältiger ist und nicht abhängig sein kann von einem funktionsfähigen Hörorgan.

Jede Behinderung oder jedes Behindert-Sein leitet sich zum Einem davon ab, inwieweit man in seiner Umgebung behindert wird und zum Zweiten, inwieweit die eigene Wertigkeit, das eigene Selbstwertgefühl darunter leidet.

Mögen wir auch das erste nicht immer bestimmen können, denn es wird sicherlich noch ein langer Weg sein, schwerhörige Menschen den Zugang wirklich zu allen Bereichen zu ermöglichen.

Unseren eigenen Lebensvollzug aber müssen wir selbst bestimmen. Genau das passiert zwischen den Ohren, zwischen links und rechts, in der Mitte unseres Denkens und Fühlens, in unserem Menschsein. Ich verstehe darunter auch jenes Engagement, sich als Schwerhöriger mit seinen Ohren zu arrangieren, sich mit seinen Hörgeräten auseinanderzusetzen, um mit ihnen das zu erreichen, was einerseits möglich ist und andererseits auch erwünscht ist.

Die Sinnhaftigkeit einer Hörgeräteversorgung liegt an uns selbst, weit mehr als an der reinen Technik. Vielleicht gibt es daher soviel Frust mit diesen Geräten. Viele von uns erwarten viel von außen und übersehen, wo die eigene Anstrengung, das eigene Wollen gefragt wäre.

Ich wundere mich immer wieder, wie wenige Hörbehinderte mit ihren Geräten trainieren und die entsprechenden Angebote annehmen. Auch das sollte kein Druck von außen sein, sondern einfach die Frage nach dem, was wir selbst uns erwarten, anstreben und erreichen möchten. Die Entscheidung des Hörens liegt demnach wirklich zwischen den Ohren, denn wir selbst entscheiden über Gewinn und Verlust, mehr als jedes Gerät es von sich aus kann. Denn zwischen den Ohren und Hörgeräten steckt das Leben.

Dieses immer wieder Leben-Lernen wünscht Ihnen

Ihr Hans Neuhold