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Die Würde des Menschen

Unsere Welt – Wirtschaft, Technik, Konsum, Gesellschaft - dreht sich immer schneller, sagen viele Menschen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass, wie bei einer Zentrifuge, bei einer immer schnelleren Geschwindigkeit viele Menschen an den Rand geschleudert werden. Sie kommen nicht mehr mit und wie das Sprichwort heißt „den Letzten beißen die Hunde“. In unserem Behindertenwesen macht sich immer mehr der Umstand breit, dass von oben herab über die Behinderten entschieden wird, man wird zum Bittsteller degradiert, muss froh sein, überhaupt noch erkannt zu werden. Denken wir an die Zunahme der Armut trotz steigenden Wirtschaftsdaten. Einige sprechen davon, dass Armut nicht bloß ein finanzieller Umstand ist, sondern eher die Tatsache, dass den Menschen die Chancen einer Selbstverwirklichung genommen sind. Der einzelne Mensch wird zum Abhängigen und verliert damit auch seine Würde, das trifft oftmals Behinderte und ebenso Arbeitslose. Das was heute den scheinbar Schwächeren von oben (Politik, Verwaltung, Arbeitsmarkt usw.) gewährt wird, geschieht oftmals aus einer Position der Stärke heraus und wird von vielen als demütigend empfunden.

Die Würde des Menschen hängt unmittelbar damit zusammen, dass ihm selbst Raum und Zeit bleibt, zu handeln und zu agieren, dass er für sich Möglichkeiten nutzen kann, um sich nicht bloß als Behinderter (im Sinne von behindert werden) wahr zu nehmen, sondern als ganzer Mensch mit all seinen Fähigkeiten.

Je mehr heute Menschen genormt werden und einer Norm entsprechen müssen, desto eher gehen all jene Fähigkeiten des Einzelnen verloren, die eine Gemeinschaft bereichern und vielfältig machen.

Hans Neuhold