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Ein halb volles Glas…

Sie alle kennen die Gedanken über ein halb volles und ein halb leeres Glas. Es kommt immer nur auf die Sichtweise an, von welcher Warte aus ich es etwas betrachte. Man kann diese Sichtweise auch auf das Behindertsein übertragen. Ich denke mir, dass sich viele Behinderte als halb leeres Glas betrachten, das mag damit zusammenhängen, dass man ständig erwartet, ausgefüllt zu werden. Von außen. Erwartungen, die damit zusammenhängen, man möge mir doch entgegenkommen, möge doch auf meine Wünsche und Bedürfnisse eingehen und mich ernst nehmen.

Und erleben zugleich, dass dieses halb leere Glas nicht voll wird, im Gegenteil, es verdunstet auch der Rest beständig und langsam.

Ich habe gelernt, mich als halbvolles Glas zu sehen, als einer, der schon sehr viel mitbringt in dieses Leben, in diese Gesellschaft, als einer, der selbst geben kann und nicht bloß auf die Gaben anderer wartet. Als einer, der nicht den anderen vorwirft, seine Erfüllung zu verhindern, sondern der sich auf dem Weg macht, das Glas seines Lebens zu füllen, indem er es mit anderen teilt.

Selbst wenn dieses Glas nie ganz voll wird, so kann es auch daran liegen, dass dieses Glas meines Lebens sich weitet und größer wird.

Halb leere Gläser werden oft verschüttet, stehen gelassen. Ein halb volles Glas hingegen weist hingegen darauf hin, dass daraus getrunken wird und löst ein „Nach-Schenken“ aus.

So wie ich mich sehe, lade ich andere zum Sehen ein.

Hans Neuhold