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Wie ein Rad…

Jahreswenden sind für manche ein Anlass, über das Vergehende und Kommende nachzudenken.
Mir ist dazu das Bild vom Rad eingefallen:
Jedes Rad kommt im Drehen immer wieder auf dieselbe Stelle zurück und das liegt wohl daran, dass es eine Mitte hat, um die es sich dreht. Eigentlich hat es keinen Anfang und kein Ende.
Ebenso kann sich ein Rad sich nur dann vorwärts bewegen, wenn es einen festen Grund findet, einen Weg, eine Strecke, auf der es sich bewegt.

Ein solches Rad wird für mich zum Sinnbild unseres Lebens:
Es ist für mich unumgänglich eine Mitte zu haben, einen Punkt, wo meine Sehnsüchte und Hoffnungen, letztlich aber auch all meine Trauer und Schicksale sich ausrichten können, mein Leben muss sich immer um etwas drehen, ohne diese Mitte, wird auch mein Äußeres, meine Lebenserfahrungen, meine Kontakte und meine Berührungen nicht erfahrbar.
Meine Mitte ist aber auch der Grund dafür, dass meine Lebensweise immer wieder auf denselben Punkt zurück kommt, immer wieder kommt zum Vorschein, was letztlich mein Leben ausmacht. Ich komme auch immer wieder auf das zurück, was in meinem Leben unvollständig ist, meine Behinderung, meine inneren und äußeren Wunden und Verletzbarkeiten.
Aber ist es nicht so: Gerade weil wir ständig unser Äußeres spüren und gerade weil wir immer wieder zum selben Punkt zurückkehren können, empfinden wir, dass wir eine Mitte haben und uns bewegen können.

Doch das Rad unseres Lebens bewegt sich nicht bloß um uns selbst, es findet Grund und Wege auf den Unebenheiten unserer Zeit und Geschichte, unserer Vorhaben und Ziele. Selbst in der ständigen Wiederkehr unserer positiven und negativen Empfindungen, bewegen wir uns in eine Richtung, legen Wege zurück und sammeln damit wiederum neue und bislang unerkannte Erfahrungen und Eindrücke. Das Äußere unseres Lebensrades wird dadurch oftmals brüchig, zerschunden und abgenutzt. Aber es läuft in manchen Zeiten durchaus auch auf schönen und weichen Wegen der Zuneigung, Hoffnungen und menschlichen Begegnungen. Genau diese Erfahrungen machen uns dann wieder rund und beweglich für neue Wege.
Unsere Wege sind spürbare Empfindungen hin zu unserer Mitte.

Wenn wir uns nur um uns selbst drehen, würden wir uns zwar viele Erfahrungen ersparen, aber uns auch nicht mehr bewegen. Unsere Mitte muss in diesem Sinne immer nach außen wirken, um auf der Strecke des Lebens, in der alltäglichen Wiederkehr der Ereignisse, Spuren zu hinterlassen, in uns und um uns herum.

Ich wünsche mir und Ihnen allen diese Hoffnungen, sich im eigenen Drehen um sich selbst den anderen zu nähern, denn je schneller das Rad sich dreht, desto größer wird die Fliehkraft meines Lebens, mich selbst auf den Weg mit anderen einzulassen.

Hans Neuhold