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Alles nur auf Probe?

Leben, Lieben und Sterben…...kann man nicht auf Probe“. Vielleicht eine schnell hingesagte Aussage, die mich aber doch nachdenklich macht, weil ich merke, es hat etwas mit dem Inhalt und der Ausrichtung meines Lebens zu tun.

 Ich denke an das Leben: Wie oft meinen wir und hätten es wohl auch gerne, etwas rückgängig machen zu können. Man hat sich eben geirrt, man probiert eben wieder etwas Neues. Und wenn es wieder nicht klappt, dann eben der nächste Versuch. Aber geht es wirklich so? Ziehen nicht alle Ereignisse und Taten unseres Lebens Spuren nach sich und nichts davon ist wirklich zurückzunehmen. Man kann sicherlich so manche Wegrichtung ändern, aber immer noch bleibt die Tatsache, dass ich eben doch genau diesen – vielleicht falschen – Weg gegangen bin, mit all den positiven und negativen Erfahrungen, Berührungen, Schmerzen und Freuden.

 Das hat mit einer Probe wenig zu tun. Denn Probieren würde ja heißen, bloß etwas zu versuchen, ohne mich wirklich auf etwas einzulassen. Es wäre oberflächlich, so wie ich ein Hemd probiere und es je nach Geschmack wieder zurücksende. Das aber ist im Leben wohl kaum möglich, weil damit mein persönliches Engagement fehlen würde. Leben heißt immer sich mit seiner ganzen Person einzubringen, Taten zu setzen, als Person in Beziehung zu anderen zu treten. Alles Übrige wäre bloß Schein. Leben ist etwas Intensives. Wo immer ich mich einbringe, stehe ich in Beziehung zu den Mitmenschen und zu meiner Umwelt. Alle Erfahrung im Leben kann letztlich nicht verworfen werden, es ist etwas Bleibendes – ob positiv oder negativ – und kann nur verändert oder vervollständigt werden, nicht aber rückgängig gemacht, wie bei einer Probe. Ich frage mich: Kannst Du auf Probe schwerhörig sein? Im Gegenteil: Deine Behinderung fordert dich heraus, verlangt Engagement und gehört zutiefst zu Deinem Menschsein.

 Man kann es kurz so ausdrücken: „Das Leben ist eine Zeichnung, aber ohne Radiergummi“.

 Ebenso verlangt die Liebe als unsere tiefste Beziehung im Leben die Öffnung zu einem konkreten Menschen und kann wohl nie erprobt und probiert werden, weil es dem Wesen der Liebe widersprechen würde, sich nur zum Schein auf eine Beziehung einzulassen. Nur in der Öffnung meiner selbst kann ich schenken, empfinden und beschenkt werden.

 Und das Sterben? Es mag zwar in unserer Gesellschaft gerne verdrängt werden, aber es ist nichts anderes als ein Abschluss, vielleicht auch der entscheidende Moment etwas zu vollenden. Was ich gelebt, geliebt und geglaubt habe, darf ich zu Ende führen als mein Werk. Dieses Ende kann demnach nie vorweggenommen werden, nie probiert werden. Die Summe des Lebens ist mehr als bloß eine Addition der vielen kleinen und großen Ereignisse, Taten, Begegnungen und Bemühungen, es verbindet sich zugleich mit den erfüllten und unerfüllten Hoffnungen und Sehnsüchten, die mein Handeln geleitet haben.

 Würdest Du auf Probe leben wollen, Du würdest das Leben selbst versäumen, die Tiefe und die Weite, die sich nur ergibt, wenn Du Dich voll darauf einlässt. Du kannst dein Leben nicht von der Ferne betrachten, sondern nur, indem Du mit voller Kraft lebst, mit dem, was du bist und sein möchtest.

Das wünscht Ihnen Ihr

 Hans Neuhold