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HÖRSTURZ

Was versteht man unter einem Hörsturz und wie kommt es dazu?
Unter einem Hörsturz versteht man eine aus völligem Wohlbefinden heraus auftretende Innenohrschwerhörigkeit, die sich innerhalb weniger Sekunden oder auch Minuten, selten auch innerhalb von einigen Stunden entwickelt. Fallweise treten auch Ohrgeräusche und Schwindelgefühl dazu. Beim idiopathischen Hörsturz ist die auslösende Ursache unbekannt, eine plötzliche Verschlechterung des Gehörs im Rahmen einer bekannten Grundkrankheit, wie z. B. im Rahmen einer schweren Mittelohrentzündung, eines Morbus Meniere (Drehschwindelerkrankung) oder eines Schädelbasisbruches wird nicht als Hörsturz bezeichnet.

Insgesamt ist unser gesicherter Kenntnisstand über die Ursachen des Hörsturzes immer noch gering. Dies liegt daran, dass das Innenohr am lebenden Menschen nicht direkt untersucht werden kann. Es liegt mitten im härtesten Knochen des menschlichen Körpers, dem Felsenbein verborgen. Während wir heute beispielsweise Herzkranzgefässe mit Kathetern darstellen können oder aus Organen wie Leber und Niere Gewebsproben entnehmen können, ist derartiges beim Innenohr völlig undenkbar.

Nach heutigem Wissensstand kommen folgende Ursachen als Auslöser eines Hörsturzes in Frage:  Virusinfekte, wie z.B. Mumps oder Influenza – Viren, Störungen der Mikrozirkulation im Innenohr, das heißt Störungen der Durchblutung   durch thrombotische oder embolische Gefäßverschlüsse und Spasmen (Gefäßkrämpfe) im Innenohr.

Jeder Hörsturz ist ein Notfall, der möglichst rasch der Therapie zugeführt werden sollte.


Wie erkennt man einen Hörsturz und welche sind die wichtigsten Sofortmaßnahmen?
Der Hörsturz selbst ist für die meisten Patienten anhand des plötzlich nachlassenden Gehörs auf der betroffenen  Seite meist gut erkennbar.  Selbstverständlich kann der Betroffene die Diagnose eines Hörsturzes selbst nicht zweifelsfrei stellen. Bei vielen Patienten, die wegen einer akuten Hörverschlechterung und dem entsprechenden Verdacht auf Hörsturz ärztliche Behandlung aufsuchen, handelt es sich  lediglich um einen Ohrschmalzpfropf, der beispielsweise durch das Baden aufgequollen ist und nun plötzlich den gesamten Gehörgang verschließt. Die entsprechende Symptomatik kann vom Patienten selbst von einem Hörsturz kaum unterschieden werden.
Die wichtigsten Sofortmaßnahmen bestehen in der Regel in der Einleitung einer Infusionstherapie mit rheologisch wirksamen Substanzen, welche die Durchblutung im Bereich der kleinsten Gefäße im Mittelohr (Mikrozirkulation) verbessern. Darüber hinaus werden bei der stationären Therapie gerne auch hochdosiert Kortison und antivirale Substanzen gegeben, da es auch Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang des Hörsturzes mit viralen Infekten gibt. Ein ganz wesentlicher Faktor bei der Therapie dürfte jedoch auch darin liegen, dass ein Patient, der zur Infusionstherapie stationär aufgenommen wird, automatisch aus seinem beruflichen Umfeld und damit auch seiner beruflichen Stresssituation herausgenommen wird.


Welche Auswirkungen hat der Hörsturz hinsichtlich der Lebensqualität?
Insgesamt hat der Hörsturz mit einer Spontanheilungsrate bis zu 80% eine gute Prognose. Durch die meist rasch eingeleitete medizinische Therapie ist der allergrößte Teil der Hörstürze  reversibel. Sofern aber eine Innenschwerhörigkeit zurückbleibt, sind die Auswirkungen für den Patienten die gleichen, wie bei der sich langsam entwickelnden Innenohrschwerhörigkeit auch:
Die betroffenen Patienten haben Schwierigkeiten, Sprache zu verstehen.  Dies wird besonders deutlich in Situationen  mit geräuschvolleren Umgebung und dann, wenn mehrere Menschen gleichzeitig sprechen. Auch ein mit einem Hörsturz aufgetretenes Ohrgeräusch kann chronisch werden und die Lebensqualität des Patienten dem entsprechend beeinträchtigen.

Welche sind die Langzeittherapien?
Sofern es nicht gelingt, durch die Akuttherapie den Hörsturz zur Remission zu bringen , ist eine Langzeittherapie wenig erfolgversprechend. Gegeben werden gerne die üblichen durchblutungsverbessernden Medikamente in Tablettenform, die auch im Akutstadium infundiert werden. Beim Bestehenbleiben einer Innenohrschwerhörigkeit ist die Rehabilitation des Patienten mittels moderner Hörgeräte anzustreben, diesbezüglich sind die Erfolgsaussichten sehr gut. Die moderne Hörgeräte-Technologie erlaubt heute den Ausgleich fast aller bestehenden Schwerhörigkeiten. Die modernen „Mini-hinter-dem-Ohr“ Geräte sind praktisch unsichtbar zu tragen und erlauben es, dem Patienten jenen Teil des Gehörs in dem die Innenohrleistung noch ausreichend ist, weiterhin zu nutzen und verstärken nur jene Frequenzanteile, die von der Hörminderung betroffen sind.

Warum werden Hörstürze häufiger?
Hörstürze werden heute zweifelsohne besser als früher diagnostiziert. Dies ist auch auf den verbesserten Zugang zur Akutmedizin und der rascheren Durchführung der Audiogramme zurückzuführen. Des Weiteren ist unsere heute sehr lärmende Umgebung und der Stress in vielen Lebensbereichen ein möglicher Auslöser für Hörstürze.

Was kann präventiv unternommen werden, um eine Hörsturz zu vermeiden?
Prinzipiell gibt es zwei auslösende Grundfaktoren, die zu vermeiden sind. Einerseits Stress und andererseits eine chronische Lärmexposition. Auch einseitige und chronische Belastungen der Halswirbelsäule und der Nackenmuskulatur können prädisponierend für eine Hörsturz wirken. Ein gesunder Lebensstil mit entsprechenden Erholungsphasen für das Gehör ist sicher die bestmögliche Vorbeugung gegen einen Hörsturz.

Neigen schwerhörende Menschen eher zu einem Hörsturz?
Hörstürze können sowohl auf Basis eines völlig normalen Gehörs, als auch bei Vorschädigungen des Gehörs auftreten. Insgesamt dürften Hörstürze bei bestehender Vorschädigung des Innenohrs etwas häufiger sein.

Hörsturz: Alternative Therapieformen

1.    H.E.L.P. – Aphersese
Durch die als „H.E.L.P. –Apherese“ bezeichnete Blutwäsche werden dem Blut LDL-Cholesterin, Fibrinogen und Lipoproteine entzogen. Erhöhte Blutwerte dieser Substanzen gelten als Risikofaktoren für einen Hörsturz. Es gibt nun die ersten positiven Studien, die dieser Therapie (nur einmal durchgeführt, Dauer ca. 2 Stunden) eine bessere Wirksamkeit als der üblichen, 14 Tage dauernden Infusionstherapie bescheinigen. Der Hörsturz hat allerdings eine bis zu 80% Spontanheilungsrate, sodass es für eine endgültige Beurteilung dieser Therapie der Hörsturz noch zu früh ist. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.help-bei-hoersturz.de.  Diese Therapieform ist in Deutschland gut etabliert und es gibt zahlreiche Plasmapherese-Zentren. In Österreich wird  diese Therapie selten angewandt.

2.    Hyperbare Sauerstofftherapie
Bei der „Hyperbaren Sauerstofftherapie“ atmen die Patienten in einer Druckkammer reinen Sauerstoff ein, während der Kammerinnendruck langsam erhöht wird. Dadurch wird wesentlich mehr Sauerstoff physikalisch im Blut gelöst. Dies bewirkt, dass die Sinneszellen im Innenohr (Haarzellen), die sowohl für das Hören als auch für die Entstehung von Ohrgeräuschen von entscheidender Bedeutung sind, wesentlich besser mit Sauerstoff versorgt werden.
Voraussetzung für diese Art der Therapie ist, dass der Hörsturz noch nicht zu lange zurückliegt. Die Therapie sollte bei Versagen der standardmäßigen Infusionstherapie  möglichst bald im Anschluss durchgeführt werden. Voraussetzung für die Patienten, die in dieser Druckkammer auf „Tauchfahrt“ gehen, ist, dass sie den Druckausgleich (Anblasen über die Nase und gleichzeitiges Schlucken zur Belüftung des Mittelohres) einwandfrei beherrschen, da es sonst zu einem Drucktrauma des Mittel- und Innerohres kommen kann.
Leider gibt es in Österreich noch keine flächendeckende Versorgung mit Druckkammerzentren und dementsprechende Wartezeiten. Das größte österreichische Druckkammerzentrum befindet sich im Landeskrankenhaus Graz.

 


Zusammenstellung und Bearbeitung:

Dr. Hannes Schobel, Facharzt für Hals-,Nasen- und Ohrenerkrankungen,
St Pölten, Grenzgasse 12 / 3.Stock, 3100 St.Pölten, Tel.:02742/354322  Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. 

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Verfassers im Jahr 2011

 Österreichische Schwerhörigen Selbsthilfe ÖSSH
Tel: 0681 / 207 470 56
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